Energiepflanzen und Flächenkonkurrenz –
Versuche zur Entschärfung des „Teller-Tank-Konflikts“

Ein wichtiges Argument in der Debatte rund um „Bioenergie“ besagt: Der Anbau von Energiepflanzen benötigt Nutzflächen, die für den Anbau von Nahrungsmitteln fehlen. Unter den Stichworten „Flächenkonkurrenz“ bzw. „Teller-Tank-Konflikt“ wird intensiv über den Zusammenhang von Energiegewinnung aus Biomasse und Welthunger bzw. Nahrungsmittelpreisen diskutiert.

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Gerste als Energiepflanze – die Möglichkeit der Nutzung von Pflanzen der Nahrungsmittelproduktion für die Energieerzeugung hat kontroverse Debatten entfacht.

Foto: Technologie- und Förderzentrum TFZ (Anja Hartmann)

Unter dem Stichwort „Teller oder Tank“ wird seit einigen Jahren kontrovers diskutiert, ob der Anbau von Energiepflanzen mit dem Anbau von Pflanzen für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion konkurriert. Unter dem Begriff „Flächenkonkurrenz“ versteht man in diesem Zusammenhang die Konkurrenz verschiedener Anbauformen um die landwirtschaftliche Nutzfläche. So wird argumentiert, dass sich insbesondere nach dem Boom von Biokraftstoffen der Umstieg auf den Anbau von Energiepflanzen für viele Landwirte lohne, so dass Flächen für Nahrungs- und Futtermittelpflanzen fehlen würden.

Energiepflanzen können nicht nur mit Nahrungs- und Futtermittelpflanzen um Anbauflächen konkurrieren, sondern auch mit bisher ungenutzten Gebieten in Naturlandschaften, Flächen mit hohem Naturschutzwert oder hoher natürlicher Biodiversität, etwa im Tropischen Regenwald. So wurde beispielsweise der Anbau von Zuckerrohr zur Bioethanolgewinnung in Brasilien kritisiert, weil er indirekt dazu führt, dass Regenwälder abgeholzt werden. Ökologisch wie auch klimatisch ist eine solche „Umwidmung“ problematisch: Gerade durch Abholzung des Tropischen Regenwaldes gehen Flächen mit einer hohen Speicherkapazität für Kohlendioxid verloren. Vor diesem Hintergrund wurde 2011 von der Bundesregierung die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) verabschiedet, durch die solche klimaschädlichen Umwidmungen reguliert werden sollen.

Bioenergie und die Frage der Welternährung

Schon frühzeitig hatten Eine-Welt-Gruppen aus dem Bereich der Kirchen die unerwünschten Auswirkungen der Bioenergie-Nutzung gerade für Entwicklungsländer angemahnt: So wurde die erhöhte Nachfrage nach Biokraftstoffen – vor allem der großflächige Anbau von Mais als Energiepflanze in den USA – als einer der Auslöser für die Nahrungsmittelpreiskrise zwischen 2007 und 2008 angesehen. In Entwicklungsländern kam es teilweise zu einem Anstieg der Verbraucherpreise um bis zu 40 Prozent, insbesondere bei den Hauptnahrungsmitteln Reis, Mais, Weizen und Sojabohne. Nach Angaben von Welthungerhilfe, Oxfam und Weltbank waren jedoch vor allem Börsen-Spekulationen Grund für die Preisexplosionen. Weitere, hiermit eng verzahnte Ursachen waren laut FAO und OECD ein verstärktes Bevölkerungswachstum, steigender Fleischkonsum in Schwellenländern wie China und Indien sowie Dürren in bedeutenden Weizenanbauregionen.

Wie die Debatte um den Anbau von Energiepflanzen und die Ursachen von Nahrungsmittelpreiskrisen zeigen, spielen Fragen nach den Ursachen des Welthungers und damit nach der globalen Gerechtigkeit immer dann eine zentrale Rolle, wenn es um Landwirtschaft und Ernährung geht. Das öffentliche Unbehagen darüber, dass potenzielle Nahrungs- und Futtermittel für die Gewinnung von Treibstoffen genutzt werden, sollte zum kritischen Nachdenken anregen: Es müssen Wege gefunden werden, wie die Energiefrage künftig gelöst werden kann, ohne dass die Ernährungssicherheit der Bevölkerung dadurch in Frage gestellt wird.

Ansätze zur Entschärfung des „Teller-Tank-Konflikts“

Der Weltagrarbericht 2009 schrieb besonders Pflanzentreibstoffen der sogenannten ersten Generation ein Risikopotenzial hinsichtlich der globalen Ernährungssicherheit zu, da diese große Mengen an Nutzpflanzen beanspruchen. Für die Pflanzenforschung ist damit ein entscheidender Forschungsbedarf angezeigt: Energiepflanzen, die einen Beitrag zur zukünftigen Energiesicherheit leisten wollen, müssen sich nicht zuletzt an ihren sozialen Auswirkungen messen lassen. Angestrebt wird eine möglichst hohe Energieeffizienz (vgl. Effizienz), also ein hoher Output bei geringem Flächen- und Ressourcenverbrauch. Hierbei sollen Kopplungsprodukte etwa für Futtermittel ebenso helfen wie eine intensivere Nutzung von Abfall- und Reststoffen.

Der Konflikt zwischen der Gewährleistung von Ernährungs- und Energiesicherheit, wie er auf den ersten Blick besteht, ist in der Regel keine Entweder-Oder-Entscheidung zwischen dem Anbau von Pflanzen zur Nahrungsmittelproduktion und Pflanzen zur Energiegewinnung. Die Frage der Ernährungssicherheit ist vielmehr eine Frage danach, wie Lebensmittel verteilt werden. Hier stellt die Debatte um die Flächenkonkurrenz aus ethischer Perspektive nicht zuletzt die Frage nach Gerechtigkeit: Wie kann eine gerechte Verteilung von Gütern und Chancen – gerade auf internationaler Ebene – realisiert werden?

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