Das Konzept – Die Vermehrung des Virus blockieren
Schon in den den 1970er Jahren begann in Brasilien die Suche nach Bohnensorten, die eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen das Golden Mosaic Virus besitzen. Man hoffte, mit konventioneller Züchtung resistente Sorten entwickeln zu können. Doch obwohl tausende Linien auf natürliche Resistenz oder Immunität gegen das Virus untersucht wurden, fand man keine mit einem Erfolg versprechendenden Resistenzniveau. Erst als später neue gentechnische Verfahren auch in der Pflanzenforschung Einzug hielten, eröffneten sich neue Möglichkeiten.
In Brasilien sind Pinto-Bohnen ein Hauptnahrungsmittel. Sie werden vor allem von Kleinbauern angebaut. Jährlich gehen 100 bis 200.000 Tonnen als Folge einer Viruserkrankung verloren. Mit einer neu entwickelten virusresistenten Bohne könnten diese Verluste verringert werden.
Foto: USDA-ARS
Bei der Entwicklung virusresistenter Pinto-Bohnen machten sich die Wissenschaftler des Embrapa-Instituts einen natürlichen Mechanismus zunutze, der an der Genregulation bei Pflanzen, Tieren und Menschen beteiligt ist, mit dem sich aber auch Zellen gegen Virenbefall schützen. Er unterbricht den Informationsfluss zwischen einem Gen - der DNA-Code für ein bestimmtes Protein - und den „Protein-Fabriken“ in den Zellen (Ribosomen). Heute wird diese Form der Regulation als RNA-Interferenz (RNAi) oder Gene silencing bezeichnet: Ein kurzes RNA-Molekül bindet an die genau dazu passende Stelle der Boten-RNA, welche die Bauanleitung für ein bestimmtes Protein zu den Ribosomen transportiert. Die Folge: Die RNA wird an dieser Stelle „unlesbar“ und das entsprechende Protein nicht gebildet.
Ähnlich funktioniert auch der natürliche Abwehrmechanismus, mit dem sich Pflanzen gegen krankheitsauslösende Viren schützen. Allerdings wird er in der Regel erst dann ausgelöst, nachdem die Pflanzen infiziert wurden. Dann ist es jedoch oft zu spät, um die Vervielfältigung des Virus und damit den Ausbruch der Krankheit zu verhindern.
Die am brasilianischen Agrarforschungsinstitut Embrapa entwickelten Bohnen sind mit gentechnischen Verfahren so verändert worden, dass der natürliche Abwehrmechanismus gegen das Golden Mosaik Virus (BGMV) nicht nur bei Befall, sondern kontinuierlich aktiv ist. Dazu produzieren die Bohnen ein zu der Virus-RNA passendes RNAi-Fragment, sodass ein für die Vermehrung des Virus notwendiges Gen (viral REP gene) blockiert wird. Das Virus kann sich nicht in der Pflanze ausbreiten, sie ist resistent geworden.
Der große Vorteil dieses Resistenzkonzepts ist, dass keine neuen Proteine in der Pflanze produziert werden. Anders als bei vielen anderen gentechnisch veränderten Pflanzen sind keine Untersuchungen erforderlich, um mögliche allergene oder toxische Wirkungen eines neuen Proteins auszuschließen.
Dieser neue Ansatz wie bei den Bohnen wird bei mehreren Pflanzenarten verfolgt, um damit die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten auslösende Viren zu verbessern. Bereits weit entwickelt sind entsprechende Projekte bei Pflaumen oder Cassava (Maniok). Bei Papaya und Zucchini (Squash) sind in den USA seit längerem Sorten mit einer gentechnisch erzeugten Virusresiszenz auf dem Markt. Sie werden dort seit etwa zehn Jahren in den jeweiligen Anbauregionen genutzt. Bei diesen Pflanzen wurden ältere, inzwischen überholte Konzepte für die Erzeugung von Virusresistenzen angewandt.
Letzte Aktualisierung: 06.11.2012
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Kreidezeit: RNA-Interferenz. Die RNA-Interferenz (RNAi) wurde auch zur Entwicklung der virusresistenten Bohne genutzt. Damit wird die Vermehrung des Virus unterbrochen, nachdem er in eine Pflanzenzelle eingedrungen ist. (Die Serie „Kreidezeit“ erscheint bei biotechnologie.de)