Fingerprint smart breeding

Smart breeding – Züchtung auf der Überholspur

Bis in die 1980er Jahre mussten Pflanzenzüchter nach jedem Kreuzungsschritt und jeder Mutagenese abwarten, bis die Nachkommen herangewachsen waren. Erst dann konnte man deren Eigenschaften beurteilen und erneut auslesen. Das machte den Züchtungsprozess zeitaufwändig. Mit Hilfe neuerer Erkenntnisse und Verfahren aus der Molekularbiologie lässt er sich deutlich beschleunigen.

Weizen mit Fusarienbefall

Weizen: Pilzresistenzen. Mitteleuropäische Weizensorten können von schädlichen Pilzen wie Fusarien befallen werden. Mit Hilfe molekularer Marker wurden Resistenzgene eingekreuzt.

Langkornreis

Reis: Trocken- und Salztoleranz. Auch in der Reiszüchtung wird zunehmend Smart breeding angewendet, etwa bei der Züchtung trocken- und salzresistenter Sorten.

Fotos: Syngenta, USDA/ARS

Titelfoto: Bund Deutscher Pflanzenzüchter

In der klassischen Züchtung muss man vor jedem neuen Ausleseschritt eine große Anzahl von Pflanzen aussäen, eine ganze Vegetationsperiode abwarten, bis sie herangewachsen sind, und schließlich alle anhand äußerlicher Merkmale untersuchen. Die moderne Molekularbiologie ermöglicht es den Züchtern dagegen, bereits bei einem Keimling mit Hilfe von DNA-Analysen festzustellen, ob bestimmte gewünschte Eigenschaften vorhanden sind. Die Auswahl derjenigen Pflanzen, welche das jeweilige Züchtungsziel am besten erfüllen, erfolgt nun über denGenotyp, nicht mehr allein über den Phänotyp.

Man kann nach Mutationen in bekannten Genen suchen, von denen man weiß oder annimmt, dass sie bei der Ausprägung bestimmter Eigenschaften eine Rolle spielen. Häufig hat man es jedoch mit Eigenschaften zu tun, die zwar offensichtlich vererbt werden, bei denen jedoch nicht bekannt ist, welche Gene beteiligt sind. In diesem Fall bedient man sich so genannter molekularer Marker. Dabei handelt es sich um DNA-Abschnitte, die in vielen verschiedenen Ausprägungen (Allelen) auftreten und nach den Mendelschen Regeln vererbt werden, selbst aber keine Informationen für Proteine enthalten. Sie treten überall im Genom auf.

Molekulare Marker „markieren“ die gewünschte Eigenschaft, etwa eine erhöhte Toleranz gegenüber Trockenheit, bessere Widerstandsfähigkeit gegen eine Pflanzenkrankheit oder einen erhöhten Gehalt an bestimmten Inhaltsstoffen. Um solche molekularen Marker zu identifizieren, muss man zunächst einzelne Pflanzen finden - das können zufällige Mutationen sein, oft auch regionale Landsorten oder wilde Verwandte -, welche die gewünschte Eigenschaft „von Natur aus“ besitzen. Dann sucht man in diesen Pflanzen-Individuen nach bestimmten charakteristischen DNA-Abschnitten, die zusammen mit den gewünschten Eigenschaften auftreten. Wenn bei Pflanzen mit einer bestimmten, gewünschten Eigenschaft immer der gleiche Marker anzutreffen ist, kann man davon ausgehen, dass sich in der Nähe des Markers ein Gen befindet, das diese Eigenschaft entscheidend beeinflusst.

Marker sind Indikatoren, dass die für die gewünschte Eigenschaft benötigten Gene in einer bestimmten Pflanze mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhanden sind.

Smart breeding ist in der Pflanzenzüchtung inzwischen weit verbreitet. So ist es beispielsweise in den letzten Jahren gelungen, mitteleuropäischen Weizen gegen Fusarien resistent zu machen. Diese Pilze befallen die Getreidekörner und produzieren Substanzen, die für den Menschen giftig sind. Eine Weizensorte aus China ist gegen Fusarien resistent, sie ist jedoch nicht an die europäischen Wachstumsbedingungen angepasst und hat einige unerwünschte Eigenschaften wie geringe Erträge. Mit Hilfe molekularer Marker war es möglich, ganz gezielt nur die Fusarienresistenz in den europäischen Weizen einzukreuzen.

Reissorten, die widerstandsfähiger sind gegen Überschwemmungen, Trockenheit und Versalzung, virusresistente Gerste sowie Zuckerrüben mit einer Resistenz gegen Nematoden sind weitere Nutzpflanzensorten, die auf diese Weise gezüchtet wurden.

Da bei Smart breeding kein Genmaterial von außen eingeführt sind, gilt das Verfahren als „herkömmliche Züchtung“. Besondere rechtliche Vorschriften gibt es nicht.

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