Wildapfel

Cis-Gentechnologie – Wahrung der Artgrenzen

Cisgene Pflanzen sind gentechnisch veränderte Pflanzen, die jedoch ausschließlich nur arteigenes Erbmaterial enthalten. Cis-Gentechnik ist besonders dann von Vorteil, wenn etwa Resistenzgene aus verwandten Wildarten in Kultursorten eingekreuzt werden sollen. Denn nur das gewünschte Gen wird übertragen, alle anderen Eigenschaften der Kultursorte bleiben erhalten. Gegenüber klassischer Kreuzungszüchtung ist Cisgenetik präziser und kann erheblich schneller zum Ziel führen.

Vergleich Kulturapfel mit Wildapfel

Große Unterschiede: Wildapfel (rechts und oben) und Kulturapfel (links). Um Resistenzgene aus dem Wild- ind einen Kulturapfel hineinzubekommen, sind jahrzehntelange Kreuzungsprogramme notwendig. Mit der Cis-Gentechnik können Resistenzgene gezielt eingeführt werden - ohne die erwünschten Eigenschaften des Kulturapfels zu verlieren.

Wildkartoffel

Wildkartoffel: Aus ihr stammen die Gene, die eine Resistenz gegen die Kraut- und Knollenfäule verleihen. Sie in Kultursorten einzukreuzen, ist extrem langwierig. Wenn es überhaupt gelingt, kann das gut 30 Jahre dauern.

Fotos: i-bio

Zur Erzeugung cisgener Pflanzen (cis = diesseits) werden die gleichen gentechnischen Methoden eingesetzt wie bei transgenen Pflanzen (trans = jenseits der Artgrenzen). Der Unterschied ist, dass cisgene Pflanzen nur Gene derselben Pflanzenart bzw. von kreuzbaren nahen Verwandten enthalten. Diese Erbinformation könnte auch auf natürlichem Wege übertragen, d. h. eingekreuzt werden. Transgene Pflanzen enthalten hingegen meist artfremdes Genmaterial aus nicht verwandten Pflanzenarten oder auch aus anderen Organismen wie etwa Bakterien.

In der Gentechnik wird nicht nur das sogenannte „Zielgen“ übertragen, sondern ein Genkonstrukt mit verschiedenen zusätzlichen Gen-Sequenzen, die für Übertragung, Ausprägung und Regulation des Zielgens notwendig sind. Zudem werden bei gentechnisch veränderten Organismen oft Markergene benötigt, um zu überprüfen, bei welchen Pflanzenzellen die Genübertragung erfolgreich war. In der Regel sind solche zusätzlichen Elemente in cisgenenen Pflanzen nicht enthalten - wenn doch, dann müssen sie aus dem jeweils arteignen Genpool stammen.

Cisgene Pflanzen - nicht anderes als durch Kreuzung entstandene Pflanzen?

Mit der Cis-Gentechnologie will man Pflanzen erzeugen, die auch aus einer Kreuzung entstanden sein könnten, und gleichzeitig die Vorteile der Gentechnik nutzen: Nur das gewünschte Gen wird übertragen, die positiven Eigenschaften der Kulturpflanze bleiben dabei erhalten. Bei einer Kreuzung gelangen auch unerwünschte Erbinformationen in die Kulturpflanze. Die müssen dann sehr aufwändig durch Rückkreuzung mit Hochleistungssorten wieder entfernt werden.

Cisgene Pflanzen müssen derzeit ebenso wie transgene Pflanzen nach der EU-Freisetzungs-Richtlinie als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zugelassen werden. Da ein cisgener Apfel nur Apfel-Gene enthält und eine cisgene Kartoffel nur Kartoffel-Gene, fordern einige Wissenschaftler, cisgene Pflanzen nicht mehr als GVO zu behandeln, sondern wie Pflanzen, die durch Kreuzung entstanden sind. Dann würden sich Zulassung und Kennzeichnungspflicht erübrigen, so wie dies in Australien bereits der Fall ist.

Für Kritiker dieser Forderung ist aber weniger die Herkunft des übertragenen Erbmaterials entscheidend, sondern dass nach wie vor mit gentechnischen Methoden gearbeitet wird. So sehen sie ein Risiko etwa darin, dass das übertragene Genkonstrukt in der Regel zufällig an einer beliebigen Stelle ins Genom integriert wird und dies möglicherweise zu unvorhergesehenen Effekten führen könnte.

Ein Expertengremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat empfohlen, cisgene Pflanzen auch weiterhin nach den gleichen gesetzlichen Vorschriften zu regulieren wie alle anderen gentechnisch veränderten Pflanzen. Je nach Einzelfall sollte jedoch geprüft werden, ob die Anforderungen für die Sicherheitsbewertung reduziert werden können.

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