Biologische Landwirtschaft –
Auf der Suche nach dem Gleichgewicht in Natur und Lebensführung
Heute reden alle von „bio“ und „öko“. Es werden biologische Lebensmittel angepriesen, es ist die Rede von biologischen Betrieben und vom ökologischen Landbau. Viele Konsumenten kaufen Produkte aus dem ökologischen Landbau, weil sie sich so sicherer fühlen und hoffen, etwas Gutes für Mensch und Umwelt getan zu haben. Doch was genau ist eigentlich unter „ökologische Landwirtschaft“ zu verstehen? Und inwieweit unterscheidet sie sich von konventioneller Landwirtschaft?
Das Biosiegel für ökologischen Landbau
Rudolf Steiner (1861–1925), Begründer der Anthroposophie, entwickelte die Grundlagen des Konzepts der biologisch-dynamischen Landwirtschaft.
Foto: Vögele, Wolfgang G. (2005): Der andere Rudolf Steiner. Dornach; 116.
Unter biologischer Landwirtschaft – auch als ökologische Landwirtschaft oder Ökolandbau bezeichnet – versteht man ein landwirtschaftliches System, bei dem versucht wird, mit Hilfe möglichst naturschonender Produktionsmethoden den menschlichen Einfluss auf die Umwelt zu minimieren. Hierzu verzichtet die biologische Landwirtschaft auf den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln, Mineraldüngern und Wachstumsförderer. Ferner wird keine Gentechnik eingesetzt, da diese als nicht vereinbar mit dem Natürlichkeitsanspruch der biologischen Landwirtschaft angesehen wird. Kennzeichen der biologischen Landwirtschaft sind strengere Auflagen als in der konventionellen Landwirtschaft. Dies zeigt sich unter anderem im Verbot einzelner Futtermittel und höheren Auflagen im Tierschutz. So ist die flächengebundene und artgemäße Tierhaltung einer der Pfeiler des ökologischen Landbaus.
Die biologische Landwirtschaft lässt sich dadurch charakterisieren, dass sie vor dem Hintergrund des Abhängigkeitsverhältnisses des Menschen von seiner Umwelt und einem ganzheitlichen Verständnis der Natur möglichst naturschonende Produktionsmethoden einsetzen will. Durch diese Werteorientierung unterscheidet sie sich von der so genannten konventionellen Landwirtschaft, also jener Landwirtschaft, wo nicht explizit nach den Kriterien einer biologischen Landwirtschaft produziert wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch in der konventionellen Landwirtschaft Bestrebungen zu einer ökologischen Ausrichtung der Produktion und einer Berücksichtigung des Tierschutzes gibt. Was aber unterscheidet dann noch die ökologische von der konventionellen Landwirtschaft? Dies sind vor allem die Orientierung der biologischen Landwirtschaft an einem Kreislaufdenken und ihre historischen Hintergründe.
Biologische Landwirtschaft als Kreislaufwirtschaft
Ein entscheidender Grundgedanke des Ökolandbaus ist die Kreislaufwirtschaft. Dieser Gedanke ergibt sich aus einem ganzheitlichen Ansatz, möglichst in geschlossenen Energie- und Stoffkreisläufen durch die Nutzung eigener Ressourcen zu wirtschaften. Ackerbau und Viehhaltung sollen insofern miteinander gekoppelt werden, als dass die für die Tierhaltung benötigten Futterpflanzen ebenfalls in dem Betrieb angebaut werden, gleichzeitig der tierische Dung wie auch pflanzliche Abfälle als Dünger genutzt werden. In der Tierhaltung wird auf eine artgerechte Haltung mit möglichst viel Freilauf für die Tiere Wert gelegt. Der Flächenbedarf biologisch wirtschaftender Tiere ist daher größer als etwa in der konventionellen Landwirtschaft.
Auch in theoretischer Hinsicht wird von einem Krauslaufgedanken in der ökologischen Landwirtschaft ausgegangen. Die Grundlagen hierfür lieferte der deutsche Wissenschaftler und Arzt Hans Peter Rusch (1906–1977), der sich mit Bodenfruchtbarkeit, dem mikrobiellen Leben im Boden und dessen Kreisläufen befasste. Diese Kreisläufe sollten sich als Naturhaushaltkonzept des „Kreislaufs der lebendigen Substanz“ in die Landwirtschaft einfügen. Rusch entwickelte so zusammen mit dem Schweizer Agrarwissenschaftler Hans Müller (1891–1988) die Grundlagen für den so genannten organisch-biologischen Landbau, einer Form der ökologischen Landwirtschaft, nach der sich heute viele Ökobetriebe in Deutschland richten.
Weltanschauliche Hintergründe der ökologischen Landwirtschaft
Innerhalb der ökologischen Landwirtschaft gibt es verschiedene Ansätze, die sich insbesondere in ihren theoretischen Grundlagen unterscheiden. Zwei wichtige Ansätze, auf die man sicherlich schon mal beim Einkaufen gestoßen ist, sind der bereits angesprochene organisch-biologische Landbau und der biologisch-dynamische Landbau. Die organisch-biologische Landwirtschaft ist eine verwandte Wirtschaftsweise, die auf den Erfahrungen von Hans Müller (1891–1988) und seiner Frau Maria (1894–1969) aufbaut. Aus einem christlichen Glauben heraus stand für das Ehepaar Müller die Landwirtschaft in einer besonderen Verantwortung gegenüber der Familie, der Tradition und der Natur als Schöpfung Gottes. Es steht das bereits beschriebene Kreislaufdenken im Zentrum der Wirtschaftsweise. Den organisch-biologischen Landbau praktizieren heute Betriebe im Bioland-Anbauverband, zu dem die meisten Betriebe in Deutschland zählen, die sich auf die ökologische Landwirtschaft berufen.
Die biologisch-dynamische Landwirtschaft geht auf die Lehren von Rudolf Steiner (1861–1925) zurück, den Begründer der Anthroposophie. Zwar stellte er kein fertig ausgereiftes Konzept einer Landwirtschaft auf, beschrieb jedoch mögliche Ansätze aus einer anthroposophischen Sicht heraus. Ausgehend von Arbeiten über praktische Erfahrungen mit den Ansätzen von Steiner entwickelte sich der biologisch-dynamische Landbau. Dieser beruht auf der Vorstellung, dass der landwirtschaftliche Betrieb eine „lebendige Individualität“ besitzt. Es ist die Rede von „kosmischen Äther- und Astralkräften“, die nicht nur für das menschliche Leben, sondern auch für Wachstum und Entwicklung von Pflanzen Grundlage sind. Im Sinne der anthroposophischen Lehre ist es das Ziel, qualitativ hochwertige und gesunde Lebensmittel zu produzieren, was gesunde Pflanzen und Tiere bedingt. Auf Mineraldünger wird verzichtet. Der Demeter-Anbauverband beruft sich heute auf die biologisch-dynamische Landwirtschaft.
Letzte Aktualisierung: 19.08.2013
Themen
„Es ist wichtig, dass man das Gesamte beobachtet.“ Mit 24 Hektar Hopfen ist Biolandwirt Franz Friedrich der größte Biohopfenbauer Europas. Ein Video von Studentinnen der Hochschule Ansbach.
Im Web
- Bertemes, Jean-Paul (2013): Gentechnik und Biolandbau – Eine Vernunftehe? Zeit Online; 6. August 2013.
- Berthaler, Hannes (2004): Ökologie zwischen Wissenschaft und Weltanschauung. Dissertation; Philosophische Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn.
- Schick, Alissa; Helmle, Simone (2009): Individualisten zwischen Tradition und Selbstverwirklichung. In: Biolandbau im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherung, Markt und Klimawandel. Berlin; 364–367.
- Ökolandbau.de – Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)