Apfelschorf, Apfelplantage Pillnitz, Titelformat

Schorfresistente Äpfel – Mit Gentechnik zum „Bio-Apfel“?

Apfelkrankheiten wie Apfelschorf und Feuerbrand sind weltweit verbreitet und beliebte Apfelsorten - zum Beispiel Gala oder Jonagold - hochanfällig dafür. Seit einigen Jahren verfolgen Wissenschaftler aus der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollen gängige Apfelsorten mit Hilfe der Gentechnik gegen die berüchtigten Apfelkrankheiten resistent machen. Das Besondere: Die Apfelbäume enthalten am Ende nur apfeleigene Gene. Erste gentechnisch veränderte schorfresistente Apfelbäumchen der Sorte Gala werden seit 2011 an der Universität Wageningen in den Niederlanden im Freiland getestet.

Cesare Gessler

Mit gentechnischen Methoden sind wir viel schneller und Gala bleibt ein Gala. Denn wir verpflanzen nur die Resistenz und sonst nichts.

Cesare Gessler, einer der beteiligten Wissenschaftler von der ETH Zürich
aus: Horizonte 06/2008
Foto: Paola Beltrame

Apfelschorf

Apfelschorf ist eine weitverbreitete Pilzerkrankung. Äpfel mit Schorf zu verzehren ist zwar nicht schädlich für die Gesundheit, fördert aber auch nich gerade die Lust, reinzubeißen.

Apfelschorf, Pilzrasen auf der Unterseite eines Blattes

Pilzrasen auf der Unterseite eines Apfelblattes

Wildäpfel

Die Wildart Malus floribunda ist natürlich resistent gegenüber Apfelschorf. In der klassischen Züchtung wird diese Wildart als Kreuzungspartner genutzt, um resistente Apfelsorten zu erzeugen. Bei den cisgenen Äpfeln wurde ein Resistenzgen aus Malus floribunda isoliert und in die gängige Apfelsorte Gala übertragen.

Vergleich Kulturapfel mit Wildapfel

Der Wildapfel Malus floribunda im Vergleich mit einem Kulturapfel. Will man die Resistenzeigenschaften des Wildapfels in den Kulturapfel einkreuzen, werden auch nicht erwünschte Eigenschaften des Wildapfels vererbt. Es braucht dann einige Jahrzehnte, um diese durch Rückkreuzungen wieder herauszuzüchten.

Fotos: i-bio
Titelfoto: i-bio

Apfelschorf ist eine der bedeutendsten Pilzerkrankungen im Obstbau und weltweit verbreitet. Der Erreger des Apfelschorfes ist ein Pilz mit dem Namen Venturia inaequalis. Er überwintert im abgefallenen Laub der Bäume und infiziert im Frühjahr schon die ersten frisch ausgetriebenen Blätter des Apfelbaumes. Auf den Blättern und später den Früchten bilden sich zunächst blass oliv-grüne, später bräunliche bis schwarze Flecken. Die Früchte verformen sich. Der Verzehr von Äpfeln mit Schorf ist zwar nicht gesundheitsschädlich, aber solche Früchte lassen sich nicht verkaufen. Bis zur Ernte der Früchte muss der Obstbauer bis zu 16-mal Fungizide spritzen. Im Bioanbau werden Kupfer- und Schwefelpräparate verwendet.

Schon lange bemühen sich Obstzüchter um resistente Apfelsorten. Aber das ist nicht so einfach. Mit klassischer Kreuzungszüchtung lässt sich eine bestehende Apfelsorte nicht resistent machen. Denn schon nach der ersten Kreuzung ist die Apfelsorte nicht mehr dieselbe. Da man beim Einkreuzen von Krankheitsresistenzen zumeist auf resistente Wildäpfel zurückgreift, wäre der neu entstehende Apfel vermutlich noch nicht einmal genießbar. Bis daraus wieder eine genießbare und zugleich resistente neue Sorte entsteht, vergehen Jahrzehnte.

Es gibt heute einige klassisch gezüchtete Apfelsorten mit einer gewissen Schorfresistenz, von denen die meisten auf eine Kreuzung mit dem Wildapfel Malus floribunda 821 zurückgehen, aber sie werden vom Verbraucher nur schwer angenommen. Im Gegensatz zu anderen Kulturpflanzen werden Äpfel über die Sorte wahrgenommen und konsumiert. Und die auf dem Markt beliebtesten Sorten wie z.B. Jonagold oder Gala sind hochanfällig.

„Cisgene“ Äpfel: Gentechnik nur mit Apfelgenen

Apfelpflanzen mit Hilfe der Gentechnik gegenüber Apfelkrankheiten resistent zu machen ist nicht neu. So wurden bereits vor mehr als zehn Jahren am Dresdener Institut für Züchtungsforschung Gene aus verschiedenen Organismen, die eine Resistenz bewirken könnten, in Apfelpflanzen übertragen.

Die Mehrzahl der Verbraucher, zumindest in Europa, will aber keine Äpfel, in die artfremde Gene aus Bakterien, Pilzen oder nicht verwandten Pflanzen eingebaut wurden.

Wissenschaftler der ETH Zürich verfolgen deshalb gemeisam mit ihren Kollegen aus Deutschland (Julius Kühn-Institut, Dresden) sowie den Niederlanden (Universität Wageningen) den Ansatz, nur apfeleigene Gene zu verwenden. Sie haben mit gentechnischen Methoden in die gängige Apfelsorte Gala dasselbe Resistenzgen der Wildart Malus floribunda eingebracht, das auch für klassisch gezüchtete resistente Apfelsorten verwendet wurde. Alle weiteren regulatorischen Sequenzen, die für die Übertragung und die Ausprägung des „Zielgens“ nötig sind, stammen ebenfalls aus Apfelpflanzen. Ein so genanntes Markergen, das erforderlich ist, um die erfolgreich gentechnisch veränderten Pflanzenzellen zu erkennen, wurde wieder entfernt, nachdem es seine Funktion erfüllt hatte.

Der gentechnisch veränderte Apfel enthält am Ende also nur Gene aus einer natürlich kreuzbaren verwandten Apfelart, die auch mit konventioneller Züchtung übertragen werden könnten. Deshalb ist das Produkt nicht „transgen“ (lat. trans = jenseits (der Artgrenzen)), sondern „cisgen“ (lat. cis = diesseits).

Im Rahmen des schweizerischen Nationalen Forschungsprogramms NFP 59 wurden drei cisgene Apfellinien unter kontrollierten Gewächshausbedingungen getestet, seit Herbst 2011 werden die Apfelbäumchen an der Universität Wageningen im Freilandversuch angebaut. 2014 trugen sie das erste Mal Früchte und zeigten keinerlei Anzeichen von Apfelschorf.

Den Wissenschaftlern ist es inzwischen auch gelungen, ein wirksames Resistenzgen gegen Feuerbrand in einem Wildapfel (Malus x robusta 5) zu identifizieren und in die Sorte Gala zu übertragen. Dass dieses Gen tatsächlich eine Resistenz gegen Feuerbrand bewirkt, wurde bereits in Deutschland und der Schweiz im Gewächshaus erfolgreich getestet. Seit 2016 werden erste feuerbrandresistente Apfelpflanzen auf dem Freisetzungsgelände „Protected Site“ in der Schweiz getestet.

Feuerbrand breitet sich seit den fünfziger Jahren in Europa aus. Einige europäische Länder haben Antibiotika-haltige Pflanzenschutzmittel (z.B. Streptomycin) zugelassen, um die bakterielle Erkrankung zu bekämpfen. Im biologischen Anbau wird ein Gala-Apfel mindestens 25-mal mit Kupfer und Schwefel behandelt.

Grundsätzlich ist es auch möglich, beliebig viele apfeleigene Resistenzgene auf diese Weise in bestehende Apfelsorten einzuführen. Es ist in jedem Fall sinnvoll, wenn für die Resistenz in einer Pflanze mehrere Gene verantwortlich sind, da Krankheitserreger die Fähigkeit besitzen, sich anzupassen und bestehende Resistenzen auch wieder zu durchbrechen. Je mehr Gene daran beteiligt sind, umso schwieriger ist dies für den Erreger. Deshalb wird in Forschung und Züchtung eine „Pyramidisierung“ der Resistenzgene angestrebt.

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