Baum-Wurzeln

Risiko und Vertrauen –
Wann vertrauen wir einer neuen Technik?

Sicherheit ist eine Frage der Wahrnehmung. Ob etwas als riskant oder sicher eingeschätzt wird, entscheidet sich nicht allein über statistische Angaben zur Eintrittswahrscheinlichkeit oder des Schadensausmaßes. Unterschätzt wird vielfach die Rolle des „Vertrauens“. Gerade bei komplexen Technologien bleibt der Bürger auf Expertenwissen angewiesen. Ihm stellt sich die Frage: Wie glaubwürdig ist die Wissenschaft?

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Mit Sicherheit bezeichnet man einen Zustand, der frei ist von unvertretbaren Risiken und Gefahren. Doch wo liegt die Grenze zwischen unvertretbaren Risiken und der Einschränkung von Freiheiten?

Foto: Institut TTN

Im Allgemeinen versteht man unter Sicherheit einen Zustand, der als frei von Gefahren und unvertretbaren Risiken gilt. Dass gelegentlich von „unvertretbaren“ Risiken gesprochen wird, zeigt bereits an: Ein Leben ganz ohne Risiko ist nicht denkbar. Wo der Mensch handelt, kann etwas schief gehen. Es braucht daher gerade im Umgang mit neuen Technologien eine wissenschaftlich Beurteilung, wie wahrscheinlich ein Schadensfall eintreten kann und welche Folgen zu befürchten sind. Hierbei spielen die Faktoren Ungewissheit und Nichtwissen eine gewichtige Rolle. Spricht man von Ungewissheit bzw. Unsicherheit, so sind zwar die möglichen Auswirkungen beispielsweise eines technischen Eingriffs bekannt, es fehlen jedoch ausreichende wissenschaftliche Informationen über deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Im Unterschied dazu sind beim Nichtwissen die möglichen Auswirkungen eines Eingriffs von vornherein nicht vollständig bekannt.

Die so genannte Technikfolgenabschätzung versucht die gesundheitlichen, ökologischen und sozialen Risiken neuer technischer Anwendungen abzuschätzen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Ausmaß eines Schadens lassen sich dabei zwar – so weit dies im Rahmen einer Prognose möglich ist – berechnen. Wie eine „Risikotechnologie“ von der Öffentlichkeit eingeschätzt wird, hängt jedoch auch von weiteren Faktoren ab. Von Bedeutung ist hier beispielsweise, welcher Nutzen zu erwarten ist und ob die beteiligten Akteure und Institutionen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft als vertrauenswürdig gelten.

Vertrauen in Akteure und Institutionen

Viele Menschen tun sich schwer, die Risiken einer komplexen Technologie selbstständig einzuschätzen. Sind sie fachfremd, so fehlt ihnen das hierfür erforderliche Vorwissen. Als Fachfremde haben sie sich daher zu entscheiden, inwieweit sie den zuständigen Experten in der Sache vertrauen – oder eben nicht. Das Vertrauen in Technologien ist nämlich nicht zuletzt von der Vertrauenswürdigkeit der zuständigen Experten, aber auch der verantwortlichen Politiker und Unternehmer abhängig. Hierfür kann die Debatte über die Grüne Gentechnik ein anschauliches Beispiel sein: Obwohl Schadensmeldungen (gerade hinsichtlich der menschlichen Gesundheit) bislang ausgeblieben sind, wird dieser Technologie in weiten Teilen der Bevölkerung mit Misstrauen begegnet. Dieses Misstrauen, so zeigen Studien, richtet sich dabei vor allem auf die handelnden Akteure, insbesondere auf die agierenden Konzerne und Saatgutunternehmen.

Die naheliegende Frage lautet: Wem vertrauen wir aufgrund welcher Eigenschaften? Eine simple Antwort hierauf ist nicht möglich, jedoch können zwei für die Vertrauensbildung zentrale Aspekte genannt werden. Zum einen ist es die Kompetenz, die einer Person oder auch Institution zugeschrieben wird: Inwieweit spreche ich einem Akteur die Fähigkeit und das Wissen zu, die Sachlage angemessen zu beurteilen? Zum anderen ist es die Intention, die eine Person oder eine Institution verfolgt: Inwieweit darf ich davon ausgehen, dass zwischen dem Akteur und mir Übereinstimmung in den eigenen Zielen und Interessen besteht?

Wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, ergibt sich das in der Debatte zur Grünen Gentechnik anzutreffende Misstrauen der Öffentlichkeit nicht zuletzt dadurch, dass – zumindest in Deutschland – staatlichen Behörden, wissenschaftlichen Institutionen oder Unternehmen Interessen und Ziele unterstellt werden, die den eigenen zuwiderlaufen. Für die Diskussion um die Grüne Gentechnik ergibt sich daraus das Fazit: Vertrauen in (bio)technologische Anwendungen in der Landwirtschaft kann nicht dadurch entstehen, dass ausschließlich eine Debatte über Fragen von Risiko und Nutzen geführt wird. Mindestens ebenso wichtig ist der Dialog, welche Herausforderungen und Zumutungen für eine Gesellschaft als verträglich angesehen werden können.

Regeln guter wissenschaftlicher Praxis

Auch innerhalb der Wissenschaft ist das Thema der „Vertrauenskrise“ längst als Problem identifiziert. Wie geht man mit Expertisen um, die zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen und sich dabei zugleich auf die Wissenschaft berufen? In der scientific community wird darum kontinuierlich an der Verbesserung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis gearbeitet. Ein Patentrezept für Vertrauensfragen ist das nicht. Aber ohne wissenschaftliche Expertise sind Risikofragen nicht vertrauensvoll zu bearbeiten.

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